Was sind Aerosole?
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Im Verlauf der Corona-Pandemie rückten Aerosole immer stärker in den Fokus der Diskussion. Gemeint sind Mischungen aus Gas (meist Luft) und festen oder flüssigen Schwebeteilchen. Diese Teilchen bleiben relativ lange in der Luft und könnten ein zusätzlicher Übertragungsweg für die Viren sein. Deshalb sollte man in Räumen, in denen sich viele unterschiedliche Menschen aufhalten, unter anderem überlegen, wie man gegen die Schwebepartikel vorgehen kann.
Unterschiedliche Übertragungswege
Viren können werden unterschiedliche Weise von Körper zu Körper übertragen, wobei nicht jedes Virus jeden grundsätzlich möglichen Weg der Übertragung nutzt. Ein bekannter Weg ist die Schmierinfektion. Sie ist beispielsweise durch Händeschütteln möglich. Befinden sich die Erreger auf der Hand eines Menschen, der mit ihr die Hand eines anderen Menschen berührt, ist das Risiko einer Übertragung groß. Berührt der andere Mensch dann beispielsweise seinen Mund, können die Viren in den Körper eindringen. Möglich ist eine Schmierinfektion nicht nur im direkten Kontakt von Mensch zu Mensch, sondern auch über Objekte wie eine Türklinke. Ebenfalls bekannt ist die Tröpfcheninfektion, bei der die Übertragung durch feine und feinste Tropfen erfolgt.
Größere Tröpfchen überwinden nur kurze Distanzen
Bei der Tröpfcheninfektion unterscheidet man die Tröpfchenübertragung und die aerogene Übertragung von sogenannten Tröpfchenkernen. Gemeint sind damit Teilchen mit einer Größe von weniger als fünf Mikrometern. Eine Tröpfchenübertragung kann zum Beispiel durch Sprechen oder Niesen stattfinden. In der Regel spürt man das nicht, weil auch die größeren Tröpfchen noch sehr fein sind. Sie überwinden auf diese Weise jedoch nur relativ kurze Wege.
Der Weg, den Tröpfchen in Aerosolen zurücklegen können, ist weiter. Das “GSF – Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit in der Helmholtz-Gemeinschaft” hat Aerosole in seiner Broschüre “Aerosolforschung in der GSF” als eine Suspension (heterogenes Stoffgemisch) von Partikeln in Luft bezeichnet. Und das schweizerische Paul Scherrer Institut (PSI) schreibt, dass mit Aerosolen “das Aerosolteilchen und die es umgebende Luft” gemeint sind.
Zu den Aerosolteilchen (Schwebepartikel) können beispielsweise winzige Viren und feinste Stäube gehören. Laut PSI sind mittelgroße Aerosolpartikel nur 100 Nanometer (0,0001 Millimeter) groß. Das, so das PSI weiter, sei 2000-mal kleiner als das Satzzeichen “Punkt”, wie es in einer gängigen Tageszeitung verwendet wird. Insbesondere in trockener Luft können solche Schwebepartikel relativ lange schweben und damit auch in die Atemwege von Menschen eindringen.
Wird Covid 19 durch Aerosole übertragen?
Netdoktor.de berichtete im Mai 2020 darüber, dass der letzte Beweis für eine Ansteckung mit dem Coronavirus durch aerogene Schwebepartikel fehle. Zwar habe man Viren in Aerosolen entdeckt. Allerdings sei es nicht sicher, ob sie dort in einer Menge vorliegen, die für eine Infektion ausreicht. Gerhard Scheuch, der frühere Präsident der Internationalen Gesellschaft für Aerosole in der Medizin, sagte dagegen gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, man sei sich ziemlich sicher, “dass Aerosole einer der Wege sind, über die sich Covid-19 verbreitet”.
Die Apotheken-Umschau veröffentlichte im Juni 2020 einen Artikel über Aerosole und das Coronavirus, in dem sie unter anderem Studienergebnisse beschrieb. Sie zitierte beispielsweise eine chinesische Studie zur Menge an Sars-CoV-2-Erbgut in Aerosolen. Laut der Studie war die Konzentration in freien Räumen so gut wie nicht nachweisbar und in belüfteten Patientenzimmern sehr gering. In Toilettenbereichen ließ sich dagegen eine höhere Konzentration messen. Laut einer Studie eines US-amerikanischen Forscherteams dauert es in stehender Luft einer geschlossenen Umgebung acht bis 14 Minuten, bis die kleinsten Schwebetröpfchen verschwinden. Scheuch hält es sogar für möglich, dass Aerosole in geschlossenen Räumen stundenlang infektiös bleiben.
Ansteckungsrisiko: ein Faktor ist die Viruslast
Wie kann man eine Ansteckung durch virenbelastete Schwebeteilchen erschweren, wenn sich Erkrankte und Nicht-Erkrankte in einem Raum befinden? Das gehört zu den entscheidenden Fragen, wenn es um eine Rückkehr zur Normalität bei menschlichen Kontakten geht. Eine der Antworten auf die Frage: Man muss insbesondere in geschlossenen Räumen Maßnahmen ergreifen, die die Virenlast in der Raumluft reduzieren.
Der Begriff Viruslast stammt eigentlich aus der Medizin und bezeichnet dort die Menge an Viren im Blut eines Patienten oder in einem mit dem Virus kontaminierten Material. Im erweiterten Sinn ist aber auch die Anzahl von Viren in der Luft gemeint. Wenn Raumluft weniger Viren enthält, sinkt das Ansteckungsrisiko. Wie viele Schwebeteilchen in ihr sind, hängt einerseits von der Zahl der Infizierten im Raum und vom Grad der Erkrankung ab. Aber für die Virenlast spielen noch weitere Faktoren eine Rolle.
Zu den weiteren Faktoren gehört die Raumgröße: In größeren Räumen verteilen sich die Viren auf eine größere Fläche. Das Ansteckungsrisiko sinkt. Darüber hinaus kommt es aber auch darauf an, was genau die Menschen im Raum machen. Wer infiziert ist und viel redet oder gar singt, stößt mehr Viren aus als ein Infizierter, der still bleibt. Nicht zuletzt spielt für den einzelnen Menschen die Aufenthaltsdauer eine Rolle. Hält er sich länger im Raum mit vielen anderen Menschen auf, steigt sein Infektionsrisiko.
Eine wichtige Aufgabe: Virenlast senken
Da eine steigende Viruslast das Ansteckungsrisiko erhöht, muss ein Ziel einer vorausschauenden Virenabwehr sein, die Anzahl der Viren in der Raumluft auf einem möglichst niedrigen Niveau zu halten. Das ist einerseits durch ein häufigeres Lüften möglich, mit dem belastete Raumluft durch frische ersetzt wird.
Sinnvoll ist daneben der Einsatz von Luftbefeuchtern. Sie können Aerosole nicht filtern, falls sie nicht zugleich effiziente Luftreiniger mit HEPA-Filter sind. Aber Luftbefeuchtungsgeräte reduzieren durch die ansteigende Luftfeuchtigkeit ebenfalls das Ansteckungsrisiko. Das ist wissenschaftlich belegt. Eine Studie der Universität von West Virginia fand vor einigen Jahren heraus, dass die Infektiosität von Viren in trockener Raumluft höher als in feuchterer ist. Relevant wird das, wenn die relative Luftfeuchtigkeit in Räumen wie Wohnzimmern, Büros, aber auch Theatern, Bibliotheken und Museen regelmäßig deutlich unter die für sie optimalen Werte von 40 bis 60 Prozent sinkt. Um zu prüfen, auf welchem Wert sich die Luftfeuchte befindet, ist der Einsatz von Messgeräten zu empfehlen.
Wichtig ist: Keine der hier vorgestellten Maßnahmen sollte man als Einzelmaßnahme begreifen. Sinnvoll sind neben ihnen häufig Abstandsregeln und Einschränkungen menschlicher Kontakte, wie sie rund um das Coronavirus umgesetzt wurden. Letztlich geht es immer um ein gutes Zusammenspiel mehrerer Maßnahmen, wenn man die Verbreitung von Viren durch Aerosole verhindern möchte. Dann besteht die größte Chance, selbst eine Pandemie gut in den Griff zu bekommen.